2.3 Methodenrecherche zur Datenerfassung und digitalen Umsetzung

Zunächst sind die geometrischen Grundanforderungen an die Kartierung zu definieren. Das Hauptaugenmerk liegt auf einer ausreichenden Flächentreue. Als Richtwerte für die Auswahl der Kartierverfahren wird vorgeschlagen: eine Flächentreue von < 1 Prozent Abweichung für die Flächenbilanzsumme eines Einzelparks und eine Lagetreue sog. "harter Linien" (z.B. Wegegrenzen) von ± 0,5 m. Nachkontrollen im Gelände (Feldvergleiche) sind bei allen technischen Verfahren notwendig. Eine Korrektur der Daten aus dem Feldvergleich erfolgt nach den Vorgaben der Digitalisieranweisung.
 
 
  Sofern eine Entscheidung zugunsten einer Luftbildinterpretation fällt, sind Echtfarbfotos im Maßstab 1:2500 bis 1:5000 zu empfehlen (Abb. 4). Muss das Bildmaterial zunächst erzeugt werden, ist auf einen Befliegungstermin von März bis Laubausbruch bei Dunst- und Wolkenfreiem Himmel zu achten. Probleme der frühen Termine sind die langen Schlagschatten, während bei einer Befliegung nach Laubausbruch die Interprätationsfehler schnell ansteigen. Falls möglich, sollte die fachliche Unterstützung der amtlichen Vermessung für die Ausschreibung wie auch für die Qualitätsbewertung des Luftbildmaterials eingeholt werden.
 
 
  Einige zur Zeit gängige Kartierverfahren sind nachfolgend in Bezug auf Leistung und Kosten untersucht und daraus Empfehlungen abgeleitet worden.
 
 
  Terrestrische Verfahren
 
 
  Methode: Einmessung mit tachymetrischen Verfahren durch Vermessungsingenieure oder einfache Aufnahmen mit Maßband und Laufrad durch eigene Mitarbeiter bzw. ABM-Kräfte.
 
 
  Bewertung: Die tachymetrische Einmessung durch Vermessungsingenieure bietet die höchste Genauigkeit. Die Lagefehler liegen im cm-Bereich. Der Arbeitsfortschritt ist beliebig hoch, da bei sorgfältig abgestimmten Erhebungsvorschriften beliebig viele Vermesser eingesetzt werden können.
 
 
  Mittlere Genauigkeiten lassen sich durch Aufnahme mit Maßband und Laufrad erreichen. Begrenzender Faktor ist die zur Verfügung stehende Arbeitskapazität und damit der erhebliche Zeitbedarf bis zur Fertigstellung eines großflächigen Katasters
 
 
  Tachymetrische Vermessungsarbeiten zur Einrichtung eines Grünflächenkatas-ters haben sich in Preisumfragen als die kostenintensivsten gezeigt. Das Verfahren ist geeignet für Einzelobjekte, Nachkartierungen oder Neubau. Es scheidet aus Kostengründen für eine großflächige Inventur aus.
 
 
  Luftbildinterpretation auf Basis entzerrter Farb-Orthophotos (Projektionstischverfahren)
 
 
  Methode: Durch Orthogonal-Projektion eines Luftbildes (Farb-Dia) auf eine auf einem Projektionstisch fixierte großmaßstäbige Karte (meist Flurkarten im Maßstab von 1: 500 oder 1:1000) wird ein Farbphoto erzeugt. Die Entzerrung wird durch eine Nachstellung der Flugbedingungen erreicht. Der Projektionstisch ist in allen Neigungsrichtungen verstellbar. Durch den Abstand zwischen Bild und Tisch kann der Maßstab variiert werden. Es handelt sich um eine rein visuelle Einpassung des Dias auf die Kartengrundlage.
 
 
  Das Photo ist die Digitalisierungsgrundlage. Zur qualitativen Ansprache der Bildinhalte wird ergänzend ein hochwertiges analoges Luftbildinterpretationssystem benötigt.
 
 
  Bewertung: Die Qualität der mittels Projektionstischverfahren gewonnenen geografischen Daten hängt von folgenden Rahmenbedingungen
 
 
  ab:
 
 
 
  • der Qualität des Gerätes; in Eigenkonstruktion erstellte Geräte sollten nicht zugelassen werden.
  • der Sorgfältigkeit des Bedienungspersonals. Überprüfungen in Hamburger Kartierungsprojekten haben erhebliche Genauigkeitsunterschiede im Bereich von mehreren Millimetern nachgewiesen. Bei einem Bildmaßstab von 1 : 1000 kommen dadurch leicht Ungenauigkeiten von 3 bis 4 Metern zustande.
  • dem Vorhandensein ausreichender Infrastrukturen als Basis für die Entzerrung
  • der Qualität des Kartenmaterials

 
 
  Das Projektionstischverfahren ermöglicht einen hohen Arbeitsfortschritt. Unter optimalen Voraussetzungen liefert es bei einem Kartierungsmaß von 1:1000 und einem Luftbildmaßstab von 1:3000 mittlere Genauigkeiten mit einem Lagefehler von 0,5 m. Diese Werte sind verfahrensbedingt nur in sehr ebenem oder gleichmäßig geneigten Gelände zu erreichen. Hauptfehlerquelle ist bereits die Entzerrung.
 
 
  Die Materialkosten liegen bei ca. 265,- DM je Orthophoto. Für den Einsatz in stärker geneigtem Gelände ist das Verfahren nicht geeignet.
 
 
  Semianalytische Verfahren
 
 
  Methode: Diese Verfahren arbeiten rechnergestützt. Für jeden zu interpretierenden Bildausschnitt ist ein Stereo-Bildpaar erforderlich. Die Entzerrung des Bildes im Stereomodell erfolgt über die Rechts- und Hochwerte sowie Höhenwerte einiger luftbildsichtbarer Geländepunkte. Die Koordinaten dieser "Passpunkte" werden entweder aus der Karte entnommen oder eingemessen.
 
 
  Nach der Übergabe der Passpunktkoordinaten an das System können Messmarken durch das Bild bewegt werden. Für jeden angesteuerten Bildpunkt errechnet das System nun die Koordinaten. Digitalisiert wird direkt im Bild.
 
 
  Bewertung: Semianalytische Verfahren erlauben bei einem Luftbildmaßstab von 1:1000 oder größer mittlere Genauigkeiten mit einem Lagefehler von 0,3 bis 0,5 m. Das Ergebnis wird stark beeinflußt durch:
 
 
 
  • die Qualität der Paßpunkte
  • die Interpretationssicherheit des Auswerters
  • Vorgaben für die Digitalisierung "weicher Grenzen". So wirkt sich auf die Flächenbilanz aus, ob an der Grenze zwischen Wald und Rasen die Kronentraufe digitalisiert wird oder aber die Rasengrenze.

 
 
  Die Gerätekosten betragen ca. 80.000,- DM. Der Arbeitsfortschritt ist aufgrund der aufwendigeren Orientierung der Luftbilder geringer als beim Projektionstischverfahren. Die Möglichkeit der rechnergestützten Entzerrung der Luftbilder bei relativ geringen Gerätekosten macht das Verfahren geeignet für die Kartierung reliefierter Grünflächen.
 
 
  Photogrammetrische Auswertung mit analytischen Geräten
 
 
  Methode: Das Grundprinzip dieser Geräteklasse entspricht demjenigen der semianalytischen Geräte. Der wesentliche Unterschied besteht darin, daß die Integration des Rechners in das System wesentlich weiter ausgebaut ist. So ist es beispielsweise nach der Einrichtung eines Stereomodelles möglich, eine beliebige Bildkoordinate automatisch aufsuchen zu lassen oder die Meßmarke fest auf eine beliebige Geländehöhe einzustellen.
 
 
  Bewertung: Analytische Auswertegeräte bieten hohe Genauigkeiten im Bereich von < 10 cm Lagefehler bei klar definierten Grenzen wie z.B. Bordsteinkanten ("harte" Grenzen). Ansonsten gelten die Anmerkungen zu den semianalytischen Verfahren.
 
 
  Die Gerätekosten betragen ca. 250.000,- DM und treiben die Interpretationskosten in die Höhe. Der Arbeitsfortschritt entspricht für die Grünflächenkartierung demjenigen semianalytischer Lösungen. Da die Übergänge zwischen Pflegeinheiten in der Regel "weiche" Grenzen sind wie z.B. Wald zu Rasen oder Strauch zu Rasen, überlagern Interpretations-und Digitalisierungenauigkeiten den Gerätefehler. Es erscheint daher nicht sinnvoll, ein derart hochwertiges und teures Verfahren einzusetzen.
 
 
  Photogrammetrische Auswertung mit digitalen Arbeitsstationen
 
 
  Methode: Diese Verfahren beruhen auf der Auswertung hochauflösend gescannter Luftbilder. Die Scanauflösung sollte etwa 1200 dpi in Farbe betragen, was einem Speicherbedarf von ca. 350 MB je Bild entspricht. Bei diesem Speicherbedarf ist eine zügige Bearbeitung nur mit einer Workstation möglich. Anschließend lassen sich die Bilder wie bei den unter 3. und 4. beschriebenen Verfahren interpretieren und digitalisieren.
 
 
  Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Daten rechnergesteuert zu einem Orthophoto aufzubereiten und anschließend am Bildschirm zu klassifizieren.
 
 
  Bewertung: Digitale Arbeitsstationen bieten ebenfalls hohe Genauigkeiten mit weniger als 10 cm Lagefehler bei harten Grenzen. Ansonsten gelten auch hier die Anmerkungen zu den semianalytischen Verfahren. Zusätzliche Fehlerquellen können durch das Scannen entstehen, wenn ungeeignete Geräte verwendet werden oder die Kalibrierung nicht oft und sorgfältig genug erfolgt.
 
 
  Die Kosten für Scanner und System liegen bei 300.000,- DM bis 500.000,- DM (Stand 1998/99). Auch die Kosten für die erforderlichen Scans sind erheblich. Für einen Park mit ca. 25 ha müssen für eine stereoskopische Bearbeitung ca. 8 Bilder gescannt werden. Die Scans als Zwischenprodukte sind mit einem Speicherbedarf von ca. 350 MB zur Zeit auf einem PC nur sehr eingeschränkt nutzbar.
 
 
  Das Verfahren ist zur Einrichtung eines Parkkatasters aus sachlichen Erwägungen und Kostengründen derzeit nicht sinnvoll einzusetzen.
 
 
  Stereoskopische Auswertung gescannter Luftbilder mit Low Cost-Systemen
 
 
  Methode: Das Verfahren entspricht demjenigen digitaler Arbeitsstationen. Um am PC ein zügiges Arbeiten zu ermöglichen, wird eine Scanauflösung von 400 bis 600 dpi gewählt. Der Speicherbedarf beträgt 13 bzw. 30 MB bei Schwarz-Weiß-Scans; bei Farb-Scans verdreifacht sich der Speicherbedarf. Zur qualitativen Ansprache der Bildinhalte wird bei den genannten Bildauflösungen ergänzend ein analoges Luftbildinterpretationssystem benötigt.
 
 
  Bewertung: Die stereoskopische Auswertung gescannter Luftbilder mit einer Auflösung von 400 bis 600 dpi an Low-Cost-Systemen (ca. 60.000,- DM) verspricht eine Abbildung der Geometrie im mittleren Genauigkeitsbereich. Bei einem Bildmaßstab von 1:3000 beträgt die Auflösung bei 400 dpi ca. 19 cm, bei 600 dpi ca. 13 cm. Auch hier kann die Genauigkeit durch Paßpunkt- und Interpretationsfehler stark überlagert werden.
 
 
  Die Systemkosten betragen ca. 35.000 DM zzgl.eines gleichhohen Betrages für einen geeigneten Scanner. Der Aufwand für die Bildorientierung entspricht demjenigen für die vorstehend genannten Verfahren.
 
 
  Auswertung gescannter und entzerrter Luftbilder am Bildschirm 
 
 
  Methode: Grundlage dieser Auswertung sind gescannte und entzerrte Luftbilder. Das Scannen und Entzerren kann als Dienstleistung bei verschiedenen Vermessungsfirmen in Auftrag gegeben werden.
 
 
  Anschließend werden die Bilder an einem herkömmlichen Computer-Bildschirm interpretiert und digitalisiert.
 
 
  Bewertung: Für eine zweidimensionale Auswertung gesannter Luftbilder am Bildschirm werden Orthofotos benötigt, welche als SW-Scans ca. 270,- DM je Bild kosten. Die erforderliche Bildbearbeitungs-Software kostet ca. 6500,- DM. Die Gesamtkosten liegen über denen des SEG-Verfahrens. Jedoch ist der Arbeitsfortschritt eingeschränkt, weil parallel mit einem Luftbildinterpretationssystem und den Originalluftbildern gearbeitet werden sollte, um die deutlich eingegrenzte Interpretierbarkeit der SW-Bildschirmdarstellung auszugleichen. Von Vorteil ist die anschließende Nutzung der Luftbilder am PC für weitere Zwecke.
 
 
  Resümé
 
 
  Die Gerätekosten der unterschiedlichen Kartierverfahren und ihr jeweiliger Arbeitsfortschritt wirken sich deutlich auf die Interpretationskosten der anbietenden Kartierfirmen aus. Einfluß auf die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens hat in gewissem Rahmen auch der relative Anteil der zu interpretierenden Fläche je Luftbild. Je höher dieser Anteil ausfällt, um so günstiger sind die Grundkosten je ha.
 
 
  Der Vergleich zwischen verschiedenen Städten macht aber auch deutlich, dass die angebotenen Preise sehr stark von der jeweiligen Marktlage abhängen und Preisunterschiede von 100% auftreten können.
 
 
  Aufgrund der vorstehend zusammengefassten Methodenrecherche werden folgende Verfahren empfohlen:
 
 
  Semianalytisches Verfahren für Gelände mit höherer Reliefenergie. Kartierung aus entzerrten Farborthofotos nur für ebene und allenfalls schwach geneigte Flächen als Standardverfahren.
 
 
  Die mit semianalytischem Verfahren erzielbaren guten Genauigkeiten und differenziertem Flächeninhalts-Katalog werden aktuell mit 450,- DM pro ha zzgl. MWSt angeboten.
 
 
  Erarbeiten eines Flächeninhalts-Kataloges